Stellungnahme zum Vorgehen der Bayerischen Staatsregierung beim bayerischen Integrationsgesetz

Stellungnahme zum Vorgehen der Bayerischen Staatsregierung beim bayerischen Integrationsgesetz

BDKJ-Landesversammlung 2016


Der BDKJ Bayern stellt fest, dass wichtige Einwände, die im Rahmen der Verbandsanhörung und während der 1. Lesung im Bayerischen Landtag zum Entwurf des Bayerischen Integrationsgesetzes geäußert wurden, von der Bayerischen Staatsregierung nicht oder nur sehr eingeschränkt berücksichtigt werden.

Dieses Vorgehen kritisiert der BDKJ Bayern deutlich. Insbesondere folgende Kritikpunkte gilt es zu berücksichtigen:

  • Der vorliegende Gesetzesentwurf ist geprägt von einem defizitorientierten Menschenbild. Migrantinnen und Migranten werden einseitig mit negativen Vorurteilen und Vorannahmen betrachtet. Der Entwurf stellt sie unter den Generalverdacht, sich nicht integrieren zu wollen.
  • Der doppelte Ansatz des Gesetzesentwurfs von „Fördern“ und „Fordern“ wird einseitig repressiv ausgelegt. Sanktionen und Drohungen wirken demotivierend auf die zu uns kommenden Menschen und auf diejenigen, die sich in großer Zahl ehrenamtlich und hauptberuflich für ihre Aufnahme, Versorgung und Integration einsetzen.
  • Der Begriff der Leitkultur ist nicht geeignet, um die Zielsetzung des Gesetzes zu beschreiben, da nicht definiert ist, was die „bayerische Leitkultur“ ist. Bezugspunkt jeder Integration kann nur die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland sein.
  • Die Sprache des Gesetzesentwurfs ist geprägt von einer Haltung der Abschottung und Abschreckung, statt einer Haltung, die Zugangswege in unsere Gesellschaft bereitstellt und die zu uns Kommenden – Männer und Frauen, Kinder und Jugendliche – motiviert, Mitglied einer menschenfreundlichen, sich respektierenden Gesellschaft zu sein.
  • Integrationsangebote sind zu vage formuliert, es gibt keinen Rechtsanspruch auf integrierende Maßnahmen; Fördermaßnahmen bleiben unbestimmt.
  • Das Erlernen der deutschen Sprache ist die wichtigste Voraussetzung für eine gelingende Integration. Die Förderung von Sprachkursen, wie sie der Gesetzesentwurf vorsieht, darf nicht unter Haushaltsvorbehalt gestellt werden. Der BDKJ Bayern wünscht Maßnahmen und die Förderung von Konzepten, die Migrantinnen und Migranten schneller in Sprachkurse, Ausbildung und Arbeit bringen.
  • Neben dem Spracherwerb ist Bildung der zweite Schlüssel, damit Integration gelingt. Dass Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen nicht der Schulpflicht unterliegen, kann nicht hingenommen werden.
  • Die Verpflichtung des Rundfunks und der Medien auf eine „Leitkultur“ ist übergriffig und widerspricht der Unabhängigkeit der Medien.
  • Die Einengung der freien Wahl des Aufenthaltes durch Rechtsverordnungen, die die Zuweisung des Wohnortes durch den Staat regeln, widerspricht dem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit.
  • Im Gesetzesentwurf fehlen außerdem nachhaltige Ansätze zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Der BDKJ Bayern fordert daher eine grundlegende, parteiübergreifende Überarbeitung des Gesetzesentwurfs. Hier müssen für eine gelingende Integration die Einwände, Hinweise und Argumente der Jugendverbände, Sozialverbände, Migrantenselbstorganisationen, der Kirchen und Religionsgemeinschaften, des Integrationsbeauftragten und der Mitglieder des Integrationsrats der Staatsregierung  einfließen. Die Bedürfnisse der bereits heimischen Bevölkerung und der dazukommenden Menschen müssen gleichermaßen im Mittelpunkt stehen und nicht partei- und machtpolitische Erwägungen.